Das Camperleben – eine Romanze mit Ecken und Kanten

Wie die Zeit vergeht! Schon wieder über 2 Wochen rum und ich komme gar nicht zum Schreiben oder Fotos sortieren. Heute ist seit dem letzten Eintrag erst der 2. Tag, an dem mal nichts auf unserem Programm steht, noch nicht. Das kann sich hier alles ganz schnell ändern, genau wie das Wetter.
Das mit dem durchgehenden Sonnenschein hatte dann vor einer Woche ein Ende. Es fing an mit 2 Tagen kräftigen Regenschauern, die sich mit strahlendem Sonnenschein, dramatischen Wolkenbildern und wahnsinnig vielen Regenbögen abwechselten. So viele Regenbögen habe ich noch nie auf einmal gesehen und sie schienen fast zum Greifen nah. Nach ein paar mäßigen Tagen kam dann der richtige Regen und blieb bei uns, wohin wir auch fuhren. Dann wird hier drin auch nichts mehr trocken…

Ja genau, hier drin ist in unserem Riesen-Campervan, ein VW Crafter, mit einer Länge von ca. 7,4 m! Wir hatte eine Größe kleiner erwartet, tja. Der hier passt in keine normale Parktasche und so blockieren wir gerne mal die halbe Fahrspur. Gut, dass es meistens extra Camper-Parkplätze gibt. Ives hat sich super an den Linksverkehr gewöhnt und manövriert dieses Gefährt in jede Lücke. Und so cruisen wir mit der landesweiten Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h durch die Gegend und freuen uns, immer alles dabei zu haben.
Platz ist genug da, es hat nur einige Tage und ein paar Einkäufe im warehouse (eine Mischung aus Baumarkt, Real und Ikea) gebraucht, bis wir uns einigermaßen eingerichtet hatten und dem ganzen ein paar Extras hinzugefügt hatten. Es bleiben leider einige fiese Ecken und Kanten, an denen ich mich immer wieder stoße, ich werde es wohl nicht lernen. Blau Flecken lassen grüßen.
Oft kommen wir uns etwas dekadent vor, wenn wir an den Campingplätzen ganze Familien mit 2 Kindern aus kleineren Campern ohne „Bad“ und mit Küche halb draußen kriechen sehen. Aber ganz ehrlich, bei Regen draußen kochen ist schon Mist und wir sind froh die große Variante gewählt zu haben. Was das WC und die Dusche angeht war ich selbst ja ziemlich skeptisch und bin echt positiv überrascht worden. Die Dusche ist echt ausreichend groß und Warmwasser gibt’s über die Gasflasche. So können wir Duschen wo immer wir wollen. Das Auffüllen und Ablassen von Wasser geht in fast jedem Ort und so konnten wir schon einige Nächte „wild“ campen.
Wobei es so wild dann auch nicht ist. Meistens sind es nette Parkplätze mit Picknicktischen und WCs direkt am Meer oder an einem anderen schönen Ort. Tagsüber sind dort immer auch Ausflügler und abends bleiben dann ein paar Camper zurück. So lange die Sonne scheint und wir über unser Solarpanel diverse Akkus laden können, bräuchten wir gar keine richtigen Campingplätze. Wäre da nicht der Kühlschrank…
Also Kühlen tut er, leider mit einer zum Schlafen unerträglichen Lautstärke wenn er über Batterie läuft. Das geht dann in einem fort an – aus – an – aus. Laut Vermieter und Werkstatt ist alles in Ordnung und anderen geht’s noch schlechter, da kühlt schon nix mehr. Also schalten wir das Ding nachts meistens aus. Ab und zu ist dann Strom am Campingplatz schon gut.

Mit dem Camper sind wir bereits über 2.000 km gefahren und sind noch immer auf der Nordinsel.
Nach Übernahme des Campers sind wir mit Zwischenstop in Karangahake Gorge, einer schönen Schlucht mit Fluss und Wandermöglichkeiten durch alte Goldmienen nach Tauranga an die Bay of Plenty gefahren. Dort habe ich eine weitere Delfin-Tour gemacht, in der Hoffnung vielleicht doch mit den Tieren ins Wasser zu können, was beim ersten Mal nicht geklappt hat. Im Wasser war ich auch, gesehen hab ich sie von dort leider nicht. Da es sich wieder um Gemeine Delfine handelte und diese sehr schnell sind und nicht lange an einem Fleck bleiben, haben die Bote dort Vorrichtungen, mit denen sie kleine Gruppen Schwimmer mit Schnorcheln ausgestattet durchs Wasser ziehen können. Angeblich sind wohl 2 Delfine unter mir hergeschwommen, gesehen hab ich sie nicht. Trotzdem wieder ein tolles Erlebnis, da dieses mal die Schule mit ca. 60-70 Tieren deutlich größer war als beim ersten Mal. Wir konnten über eine Stunde mit der Gruppe umherschippern, so dass ich genug Zeit hatte zu genießen und Bilder zu machen.

Von dort sind wir ins Landesinnere nach Rotorua gefahren, ein Gebiet mit hoher geothermalen Aktivität und einem dauerhaften bestialischen Schwefelgestank. Dafür gibt es jede Menge kristalline Ablagerungen verschiedener Elemente mit tollen Farben, Geysire und viel Maori-Kultur. Im Maori-Dorf Whakarewarewa haben wir eine tolle Führung bekommen und viel über das Leben und den Glauben der Dorfbewohner gelernt. Eine der schönsten Traditionen ist die Schnitzkunst, die man hier überall bewundern kann. Nach einer Vorführung von Tänzen (unter anderem der berühmte Haka, googelt das mal) und Gesang gab es zum Abschluss einen saftigen Maiskolben, gekocht im Wasser eines natürlich siedenden Tümpels.

Zurück ging es an die Küste und weiter zum East Cape, wo wir über eine Schotterpiste zu unserem bis dahin einsamsten Nacht-Stellplatz fuhren. Außer uns nur 2 weitere Deutsche in ihrem Camper, wer hätte es gedacht. Pflichtprogramm dort: Sonnenaufgang oben am Leuchtturm gucken, weil dies einer der ersten Orte der Welt ist, die das Sonnenlicht des neuen Tages sehen. Trotz heftigem Regen in der Nacht und nicht so schönem Himmel haben wir uns um kurz nach 5 aufgemacht die restlichen 15 Minuten Schotterpiste zu fahren und dann die 750 Stufen zum Leuchtturm aufzusteigen. Und das ohne Frühstück! Wer ist so bekloppt? Natürlich nur Deutsche, wir waren dann 6 dort oben und konnten einen trotz Wolken ganz schönen Sonnenaufgang sehen. Nachmittags haben wir dann noch eine Wanderung zur Cooks Cove gemacht, wo James Cook bei seiner Entdeckungsreise unter anderem an Land ging. Auf dieser Wanderung haben wir ständig damit gerechnet in Regen zu geraten, der Himmel sah wirklich nicht gut aus. Aber wie das Wetter hier nun mal ist, hat es sich immer wieder gedreht und wir kamen doch nur wieder verschwitzt von der knallenden Sonne zurück.

Weiter Richtung Süden lag Napier auf unserem Weg. Eine Stadt, die 1931 fast vollständig durch ein schweres Erdbeben und darauf folgende Brände zerstört wurde. Ein schneller Wieder-Aufbau und ein inzwischen strenges Denkmalamt haben bewirkt, dass die Stadt fast durchgängig im Stil Art Deco gebaut und bis heute erhalten wurde. Beim Stadtspaziergang fühlt man sich in der Zeit zurückversetzt.

Im Zickzack zurück ins Zentrum nach Taupo, wo wir eigentlich noch mehr geothermale Aktivität und ein paar Vulkankegel im Tongariro National Park bewundern und umwandern wollten. Der Regen und die dadurch entstandene Nebelsuppe verwehrten uns leider die Sicht auf die Berge und hielt unsere Wanderlaune in Grenzen. Also fuhren wir zügig weiter zu unserem nächsten Abenteuer, das glücklicherweise wetterunabhängig ist. Ein Besuch in den Höhlen von Waitomo. Die Region hat unendlich viele Höhlen, einige davon riesig und alle etwas unterschiedlich. Da dies nicht unsere ersten Höhlen waren, haben wir uns nur eine der Adventure-Touren rausgepickt und eine 3km lange, nasse Höhle auf etwas andere Art mit einer Gruppe erkundet. Das Abenteuer begann damit, sich in dicke Neoprenanzüge zu quetschen, die einen im ca. 11°C kaltem Höhlenwasser warm halten sollten. In dieser Montur ging es dann nach einer holprigen Autofahrt, bei welcher ein Helm schon erste Dienste erweist, hinab in die Höhle. Ständiger Begleiter war ein großer Autoreifen-Schlauch und die LED-Lampe auf dem Helm, ohne die es in der Höhle fast nichts zu sehen gäbe. Wir krochen im Wasser durch Felsspalten, standen unterm Wasserfall, sprangen rückwärts mit dem Reifen eine kleine Klippe runter und trieben dann in unseren Reifen durch die Höhle und konnten dabei tausende von Glühwürmchen an der Decke bewundern. Ein einmaliges Erlebnis, das erfreulicherweise mit einer heißen Dusche und Kakao endete!

Noch am gleichen Tag sind wir weiter Richtung Süden zum nächsten Vulkan gefahren, in der Hoffnung wenigstens Mount Taranaki bewundern zu können. Dieser Vulkan steht als Solitär in einer ansonsten sehr flachen Gegend und sollte mit seinen über 2.500 m Höhe eigentlich weithin sichtbar sein. So leider nicht für uns! Wir standen quasi direkt davor und haben sogar an seinem Fuße im Nationalpark übernachtet, aber haben ihn nicht gesehen. So dick war die Suppe aus Regen und Nebel.
Da das Wetter für den darauffolgenden Tag leichte Besserung versprach, haben wir uns in New Plymouth auf einem Campingplatz einquartiert und den Tag mit Lesen und Faulenzen verbracht während es draußen weiter regnete und windete. Am nächsten Morgen ein neuer Versuch. Mit dem Camper fuhren wir bis zum Besucherzentrum des Berges, das schon auf 950 m Höhe am Berg liegt. Immerhin konnten wir dort den Ansatz des Berges mal erkennen. Nach einigem Abwägen hat Ives mich noch überzeugt trotz Wind und Regen eine kleinere Wanderung zu einem höher gelegenen Aussichtspunkt zu machen um vielleicht doch eine Chance der Gipfelsichtung zu bekommen. Und obwohl wir es nicht für möglich gehalten haben und noch nicht mal die große Fotokamera mitgenommen haben, hatten wir das riesige Glück wieder einen enormen Wetterwechsel zu beobachten. Und dann war der Blick endlich frei und Mount Taranaki erhob sich vor uns, wind- und wolkenumtost. Von ca. 1.500 m folgte ein sonniger Abstieg zurück zum Camper, wo wir sogar noch genug Gelegenheit hatten die Kamera zu holen und weitere Bilder zu machen.

Jetzt stehen wir auf einem netten Plätzchen an der Westküste, wo der Sand ganz schwarz, dahinter die Klippen gelb sind und wir die Sonne über dem Meer untergehen sehen können. Das ist schon was Feines 🙂 Nächste Woche werden wir dann von Wellington aus mit der Fähre auf die Südinsel übersetzen.

Neben den tollen Erlebnissen und wunderschönen Eindrücken gibt es natürlich auch den ein oder anderen Haken an Neuseeland.
Platz 1 auf dieser Liste: kein gutes Brot! Na ja, war zwar abzusehen, aber es ist schon traurig, dass es hier regalweise Toast gibt und kein einziges Brot, das unserem Drucktest standhält. Und dann hält so ein Paket „Brot“ nur 2-3 Tage, dann schimmelt es sofort. Wir klappern jetzt die Städte schon nach Bioläden und Märkten ab, in der Hoffnung mal ein festes Brot zu finden. Ansonsten gibt es weiches Baguette, bei dessen Anblick Franzosen vermutlich weinen müssen. Ein weitere Dorn in meinem Auge sind die Maisfelder, an denen wir ständig vorbeifahren. Die Firma Pioneer macht hier mit ihrem genetisch veränderten Saatgut wohl ein riesiges Geschäft. An den Feldern sind immer Schilder mit der Nummer des angebauten Mais aufgestellt. In Sachen Gen-food sind die Kiwis leider nicht so gut drauf… Ansonsten treffen wir aber nur sehr freundliche Kiwis, die gerne und immer ein Gespräch anfangen und uns Tipps für die Weiterreise geben.
Übrigens, während ihr im Supermarkt die Äpfel von hier liegen habt, liegen hier viele aus den USA. Verrückte Welt.

Danke für eure vielen positiven Rückmeldungen, das freut uns sehr. Macht es gut und bis zum nächsten Mal!

4 Gedanken zu „Das Camperleben – eine Romanze mit Ecken und Kanten

  1. Liebe Mira, lieber Ives,
    oh diese Farben, wundervoll, danke für die tollen Bilder und den unterhaltsamen Bericht!!!! Die Tänzer gucken ja ganz schön grimmig. Tja, was Brot und Umweltschutz angeht sind wir hier doch weiter oder zumindest bewusster.
    Weiterhin viel Spaß und tolle Erlebnisse.
    Eure Mama/Jutta

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  2. Liebe Mira, lieber Ives, nun habt ihr schon fast 2/3 eures tollen Abenteuerurlaubs hinter euch und so viel Schönes gesehen und erlebt. Ich hatte mir endlich mal Zeit genommen, eure Berichte zu lesen. Das liest sich alles sehr beeindruckend und die vielen schönen Bilder dazu…Das ist schon was anderes, als mal eben für zwei oder drei Wochen irgendwo Urlaub zu machen. Beim nächsten Mal nehmt ihr dann vielleicht Brotbackmischungen oder wenigstens Silikonformen mit. Habt ihr mal versucht selbst zu backen? Ich war am Sonntag nach dem Schwimmen bei Amely und konnte dort ihr selbst gebackenes Dinkel-Brot genießen. Montagmorgen gab’s hier im Bergischen (bis kurz vor Hagen) totales Schneechaos und ich musste mitten im Berufsverkehr dadurch. Stunden später….
    Nachmittags war der Schnee wieder weggetaut.
    Ich wünsche euch noch weitere schöne Erlebnisse und Begegnungen und bleibt gesund.
    Liebe Grüße von Papa/Hans

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